St. Petersburg im Einkaufsfieber
|
|
Smolnykirche © Claudia Jutte |
Weihnachtsbaum auf dem Palastplatz ©
Claudia Jutte |
Seit kurzem ist nun nach der langen Warmphase endlich der Winter
in St. Petersburg eingezogen und mit ihm die entsprechende Stimmung
für den anstehenden Jahreswechsel und das Weihnachtsfest. Schon
vor einigen Wochen wurde aus diesem Anlass die Stadt aufwendig und
ziemlich russisch herausgeputzt. Wer meint, dass die weihnachtlich
hergerichteten Bäume auf der Allee „Unter den Linden“ in Berlin
nicht zu übertreffen seien, der hat das bunte Lichtermeer St. Petersburgs
noch nicht gesehen!
An jeder großen Straßenkreuzung und auf den wichtigen Plätzen der
Stadt hat man riesige Weihnachtsbäume aufgebaut, die so glitzern
und blinken, dass man den Eindruck bekommt, man befinde sich auf
dem Rummel. Selbst jedem noch so kleinen Baümchen wurden Lichterketten
übergestülpt, sodass auch sie wacker ihren Beitrag zu dem leuchtenden
Gesamtkunstwerk der Innenstadt leisten.
|
|
Plüschschweine © Claudia Jutte |
Weihnachtsbaum vor dem Smolny Institut
© Claudia Jutte |
In den allerkleinsten Eckläden wird man von kitschigen Girlanden
und Plüschschweinen, dem Tier des Jahres 2007, in allen erdenklichen
Größen begrüßt, sodass man überall an das nahende Neue Jahr erinnert
wird und damit auch an seine Pflicht, Geschenke zu besorgen. Dass
dies und Einkaufen generell in St. Petersburg kein schwieriges Unterfangen
ist, soll nun dieser kleine Streifzug durch die städtische Einkaufswelt
zeigen.
Gegen die oft in Deutschland anzutreffenden Meinung, dass es in
Russland wie zu alten Zeiten keine westlichen Produkte zu kaufen
gibt oder man diese Raritäten nur mit sehr viel Glück und Geld ergattern
kann, sprechen die Einkaufsstraßen und –tempel St. Petersburgs,
die all das bieten, was in jedem westeuropäischen Land zu finden
ist (ausgenommen H&M).
|
|
Schmuckmarkt in der Manege © Claudia
Jutte |
Schmuckmarkt in der Manege © Claudia
Jutte |
Besonders auffällig ist die gewaltige Ballung von Schuhgeschäften.
Quält man sich als Frau in Deutschland oft damit, den passenden
Schuh zu finden und die spärliche Auswahl in den Geschäften immer
und immer wieder abzugrasen, bis man sich letztendlich wohl oder
übel mit einem der Modelle abfindet, löst sich dieses Problem hier
wie durch Zauberhand von selbst. Es reiht sich ein Schuhladen an
den anderen und jeder hält eine andere Auswahl von Stiefeln, Pumps
und Co bereit. Natürlich ist der Großteil von diesen Schuhen gezeichnet
von dem eher femininen Geschmack der weiblichen Bevölkerung Russlands.
Das soll heißen: gefährlich hohe Pfennigabsätze, Glitzerapplikationen,
Bändchen und andere Spielereien. Trotzdem findet man auch eher dem
westlichen Geschmack entsprechende Modelle – und das nicht zu wenig.
Ich muss zugeben, dass ich mich auch nach anfänglicher Scheu an
den Stil gewöhnt habe und sogar Gefallen an dem ein oder anderen
Stiefelchen gefunden habe - nicht unbedingt zur Freude meines Geldbeutels.
|
|
Sonnenuntergang © Claudia Jutte |
Elektronikmarkt © Claudia Jutte |
Die Textilgeschäfte unterscheiden sich nicht sonderlich von denen
in Deutschland oder anderswo. Man findet die volle Bandbreite international
bekannter Marken, aber auch Geschäfte russischer Marken, deren Modestil
sich, abgesehen von der etwas intensiveren Verarbeitung von Pailletten,
nicht um vieles von dem westlichen abhebt.
Fast genauso häufig wie Schuhläden trifft man Kosmetikgeschäfte
an, die eine riesige Auswahl an Schminkutensilien bereitstellen
und mit dieser das Herz jeder modebewussten St. Petersburgerin höher
schlagen lassen. Vor kurzem habe ich völlig baff das erste Mal in
meinem Leben Lipgloss in Form eines Handyanhängers gesehen. Dieser
Erfindungsreichtum und überhaupt der Fakt, dass hier derartige Produkte
erhältlich sind, lassen erahnen, welch enorm großen Absatz Kosmetik
in Russland zu verbuchen hat.
|
|
Passasch © Claudia Jutte |
Gostinij Dwor © Claudia Jutte |
Neben historischen Einkaufshäusern, wie beipielsweise das Gostinij
Dwor oder die gegenüberliegenden Passagen, schießen außerhalb des
Zentrums wahre Gigamärkte aus dem Boden, die mit ihrer Größe beinahe
alle Geschäfte des Newskij Prospekts unter einem Dach vereinen.
Diese Entwicklung ist mit der rasanten Ausdehnung Petersburgs verbunden.
Die Außenbezirke der Stadt wachsen zu wahren Hochhäuservierteln
an, die den Bevölkerungszuwachs fassen sollen.
|
|
Eingang zum Apraksinsmarkt © Claudia
Jutte |
Marktfotos Andreewskij Rynok © Claudia
Jutte |
Doch auch im Zentrum verändert sich zunehmend die Geschäftsstruktur,
vor allem betreffend der Lebensmittelgeschäfte. Die kleinen Lädchen,
bei denen man noch bei der Verkäuferin vom Tresen die Produkte verlangen
muss, weichen mehr und mehr größeren Einkaufsketten mit der uns
vertrauten Selbstbedienung. Häufig beobachte ich, wie besonders
die älteren Leute mit den Rabattkarten und der hektischen Abkassierung
überfordert sind. Ich glaube, dass besonders sie sich nach den kleineren
Läden zurück sehnen, in denen man noch persönlich von den Angestellten
bedient und beraten wurde.
Eine besonders angenehme Erfahrung bezüglich der russischen Einkaufskultur
sind für mich die hiesigen Öffnungszeiten. Ich glaube, nach meiner
Rückkehr nach Deutschland bedarf es wahrscheinlich einer großen
Umgewöhnung, wenn ich nicht mehr, wie gehabt, mal eben kurz vor
elf Uhr abends ins Geschäft von gegenüber huschen und für das nächste
Frühstück einkaufen kann. Selbst an Feiertagen haben viele kleine
Lebensmittelgeschäfte und Straßenkioske geöffnet. Diese Regelung
ist erstaunlich, besonders hinsichtlich der im Vergleich zu Deutschland
weitaus tieferen Religiösität der Russen und lässt die endlosen
Bundestagdebatten um die Ladenöffnungszeiten regelrecht lächerlich
erscheinen.
|
|
Marktfotos Andreewskij Rynok © Claudia
Jutte |
Marktfotos Andreewskij Rynok © Claudia
Jutte |
Doch einkaufen kann man nicht nur in Geschäften, sondern ebenso
auf den zahlreichen Märkten St. Petersburgs, deren Angebot um vieles
preiswerter ist. Ersichtlich an der Hautfarbe der Verkäufer und
zum Ärgernis mancher Russen befindet sich der Großteil dieser Märkte,
wie übrigens auch die meisten Marschroutka-Unternehmen, in der Hand
von Immigranten, die oftmals schlechter Russisch beherrschen als
ich. Neben Kleidungs- und Büchermärkten kann man auf Elektronikbasaren
DVDs und Musik-CDs im Schnitt für umgerechnet 2 Euro erstehen, auf
deren Qualität man sich jedoch nicht immer hundertprozentig verlassen
kann. Auch Lebensmittel werden auf Märkten angeboten, die mit ihrer
Fülle von Farben und Gerüchen ein wahrer Genuss für die Sinne sind.
Was ist die Moral von der Geschicht`? Ganz einfach: man kann in
St. Petersburg problemlos tagelang dauershoppen, doch es gibt hier
noch weitaus interessantere Dinge, mit denen man seine Freizeit
gestalten kann – davon aber im nächsten Bericht.
In diesem Sinne einen guten Start ins Neue Jahr,
Claudia Jutte
Januar 2007
Kommentare zur Weiterleitung an: redaktion@007-berlin.de
|