Annegret Soltau
ZeitErfahrung Fotovernähungen 1975-2002

GIEDRE BARTELT GALERIE
Wielandstr. 31,
10629 Berlin
Tel./Fax 030/8852086
www.giedre-bartelt-galerie.de

Die Ausstellung läuft vom10. Januar – 01. März 2003. Di - Fr 14 - 18.30, Sa 11 - 14 Uhr
Eröffnung - Fr., 10. Januar 19 - 22 Uhr

Annegret Soltaus künstlerisches Material und konzeptueller Ausgangspunkt ist der weibliche Körper. Selbstwahrnehmung und Körpererfahrung stehen im Zentrum einer medialen Reflexion, die zunächst von realer Präsenz – allein im Atelier oder während einer Performance vor dem Publikum – ausgeht, um dann vermittelt über Fotografie und Video weiterbearbeitet zu werden.
In ihren „Foto-Vernähungen“, wie sie seit Mitte der siebziger Jahre entstehen, lässt Soltau heterogene Körper-Bilder miteinander verschmelzen – dabei aber Risse und Brüche nicht nur bestehen, sondern durch die groben Nadelstiche, mit denen sie die Bildfragmente verbindet, geradezu schmerzlich hervortreten.
Verena Kuni

Selbst 1975

Fotoporträts sind mit schwarzen Fäden „übernäht“ und fragmentierte, zerrissene Fotos mit häufig groben Fadenstichen neu zusammengefügt: Verletzungen und `Operationen`, Versuche, Gegensätzliches, Verlorenes oder auch Nahestehendes in einem Bild wieder zu vereinen und fest zusammenzuhalten. Die gleichwertige Präsentation der Rückseiten demonstriert diesen Prozeß prägnant auch in seiner `Handwerklichkeit`. Diese künstlerische Methode, die in variierter, doch allein für Annegret Soltau spezifischen Art die avantgardistische Tradition der „Demontage der Wirklichkeit“ (John Heartfield) aufnimmt, legt Brüche bloß und versucht wieder zu `heilen`, ohne jedoch diese schmerzenden Schnitte zu verbergen. Die Arbeiten entfalten einen künstlerischen Bogen über nahezu 20 Jahre, dessen prozeßhafter, autobiographischer Charakter auch in der chronologischen Abfolge der Titel offenbar wird: 1975-78 „Selbst“, 1980-86 „Mutter-Glück – mit Tochter und Sohn“, 1986-92 „Grima – mit Tier und Kind“, 1993-94 „generativ – mit Tochter, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter“. Dieser `Lebensbogen` verweist auf die Zeiterfahrung in der Chronologie eines Frauenlebens, die für Annegret Soltau zugleich auch Körpererfahrung ist.
Dr. Klaus D. Pohl
Für mich ist der Körper auch eine Erkenntnisquelle, der ich mich nicht verschließen möchte. Nur so kann ich teilhaben an der Darstellung eines veränderten „Frauenbildes“, indem ich ohne Rücksicht auf Andere den offensten Ausdruck meines Selbst finde, um vorgeprägte Bilder zu durchbrechen. Wir werden ja alle traktiert mit dem „Bild der Frau“, wie sie zu sein und auszusehen hat. Dazu möchte ich „Gegenbilder“ schaffen, was mit meinem Leben zu tun hat, wie ich es erfahre, auch in Bezug auf die Gesellschaft. Es ist immer ein Körpereingriff, schwanger zu werden oder älter zu werden. Der Körper wird verändert und dieser Prozeß kann auch als Eingriff in den eigenen Lebensrhythmus erfahren werden. Ich versuche also so weit wie möglich, in mich selbst einzudringen und das dann wieder nach außen zu setzen. Damit erhält es natürlich auch Allgemeingültigkeit. Aber der erste Impuls ist, daß ich von mir ausgehe, und diese Arbeiten deshalb immer Selbstporträts sind, bzw. teilweise, wie bei den Vernähungen, im gleichen Maße meine Kinder und andere Familienmitglieder wie meine Mutter und meine Großmutter mitbetreffen. Ich habe jetzt anhand von vier Generationen die matrilineare Verbindung dargestellt.
Annegret Soltau

Selbst 1975


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