Igor Gorovenko Geburt und Tod |
Aus der Serie "Geburt und Tod". 2002 / Teil 1 |
"Geburt und Tod" - Igor Gorovenko "Ein Foto muss emotionell geladen sein, ob man es liebt oder hasst.
Ich möchte nicht, dass man meinem Bild gegenüber gleichgültig
bleibt. Das ist mein Ziel als Fotograf. "Geburt und Tod" entstand im Sommer 2002 in der Unfallklinik
und in einer Frauenklinik in Kiew, übrigens mit dem Einverständnis
aller anwesenden Personen. Gorovenko hielt sich mehrere Tage vor Ort auf
und fotografierte ca. 300 Bilder, von denen hier nur eine kleine Auswahl
zu sehen ist - erstmals in dieser Zusammenstellung in einer Ausstellung. Der Zusammenhang von Geburt und Tod muß nicht mehr kommentiert
werden. Der Lebenszyklus: jede Geburt ein kleiner Tod, jeder Tod eine
Geburt. Aber Gorovenko zeigt uns kein friedliches Entschlafen, sondern
einen brutalen, unnatürlichen Tod. Ein grausames Herausgerissenwerden
aus dem Leben. Aber auch den Akt der Geburt gibt Gorovenko ungeschönt
wider: Blut, Anstrengung, Schmerzen. Eigentlich weiß man davon,
aber so richtig wahrhaben möchte man es nicht. Gorovenko zeigt uns
das, wovor wir sonst die Augen verschliessen. Das Schaudern auf dem Rücken des Betrachters wird noch durch die gezeigte Umgebung verstärkt: Die Klinikinstrumente wirken überholt und wecken Assoziationen zu Folterwerkzeugen, die Einrichtung ist kalt, die Kleidung des Personals scheint antiquiiert. Das Besondere an Gorovenkos Bildern ist jedoch, dass er außerdem die ganze Bandbreite an Gefühlen, die das Personal in der Klinik ergreift, eingefangen hat: Die Gleichgültigkeit, das Mitgefühl, die Konzentration, die Freude und die Erschöpfung. Und fast auf jedem Foto sind Hände bei der Arbeit zu sehen - Hände in weißen Gummihandschuhen, große, grobe Hände, kleine Hände mit manikürten Nägeln, die Leben und Tod festhalten, tragen, durch sich hindurch fliessen lassen und freigeben. Brauntöne, Weiß, die Komplementärfarben Rot und Grün sind die Farben der Welt, die uns Gorovenko zeigt. So als ob unter der Wucht der Ereignisse andere Farben nur stören oder verblassen müssen. Vereinzeltes Blau oder Violettöne sind lediglich der Hinweis auf eine Welt außerhalb der Kliniken. Auch Spuren von einem Leben jenseits: der goldene Nagellack und ein Mobiltelefon, das das erste Quäken des Säuglings in die Welt hinausträgt. Christine Roth Alle Fotografien ( 70 x 100 cm) haben die
Auflage 10.
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